057 Ein guter Tag – NaNoWriMo, Tag 3
Ich nehme am nonawrimo22 teil und schreibe neben meinem Romanprojekt an einem begleitenden Tagebuch. Hier mein tägliches Resumee:
Ein guter Tag fürs Schreiben war heute, die Spannungen von gestern haben sich gelegt. Was also tut man:frau, wenn der Kopf sich mit anderen Dingen beschäftigen will als dem täglichen Schreibpensum? Richtig, die Ablenkung in dieses einbeziehen, sofern es sich nur lohnt.
Und tatsächlich, es lohnt, das Kunstprojekt des Venezolaners Javier Téllez aus dem Jahr 2022, das er am schweizer Ufer des Bodensees produziert hat. Das Schauen des neunzehnminütigen Films “Das Narrenschiff” hat sich bezahlt gemacht, so oder so. Ich habe meinem Antihelden Odo eine Passage auf dem Narrenschiff verpasst, ihm, wie im Film eine Maske aufsetzen und mit seinen Gefährten eines Liedes aus dem Filmes singen lassen. Und dann ganz nebenbei Foucoult indirekt zitiert, der sehr Kluges zum Narrenschiff Mitte der Sechzigerjahre hat verlauten lassen. Hieronymos Bosch, Sebastian Brandt, Michel Foucault und nicht zuletzt Javier Téllez – warum nicht mit diesen Menschen ein wenig prahlen, auf diskrete Art natürlich?
Nein, ich nenne die Zitate nicht, sie sind für alle, die sich nicht explizit mit Narrenschiffen beschäftigt haben, ohnehin kaum wieder erkennbar. Aber wir werden sicher in naher Zukunft sehen, wie einer dieser klugen und belesenen Buchkritiker:innen hierher kommt und meine literarischen und aus Not gepflanzten Früchte zerpflücken wird. Mir egal, fürwahr!
Es war ein gutes Schreibabenteuer heute und ich bin zufrieden. Auch mit dem in den notwendigen Entspannungspausen zubereiteten Gericht für heute abends: Okra-Gemüse aus Birma. Wie so oft bei Orgininalrezepten ein aufwendiger und doch auch liebenswerter Zubereitungsprozess, fernab von der Hölle gegenwärtiger Pizza- und Kebab-Unkultur. Das, werte:r Leser:in gehört auch zum Schreiben: die schönen Ablenkungen, die bereichernden Erlebnisse.
Apropos Ablenkungen. Habe mir heute auch die zweite Podcast-Folge von Tomasinos “Solarpunk Prompts” angehört, in der er die Möglichkeiten beschreibt, sich aus den tristen Kontexten von Erzählungen über Flüchtlingslager produktive Schreibgelegenheiten zu erarbeiten. Unmoralisch? Ich habs nicht so empfunden. Da entstehen Gelegenheiten für die Gründung einer kleinen Stadt, für mehr als Überleben, für ökonomische, sprachliche und kulturelle Chancen. Gleich sprudeln sie wieder, die vielen Ideen in meinem Schreibfluss! Aber man soll sich auch beherrschen können, und so verwerfe ich es, die Ankunft meines Antihelden in der “Welt hinter den Spiegeln” umzuschreiben. Er kommt bei seiner Reise an in einem Chaos an Wohnzusammenhängen, aber muss es denn ein Flüchtlingslager sein? Ist die dystopische Müllhaldenumgebung nicht gut genug? Jetzt, am Beginn meines Schreibvorhabens, ist noch nicht die Zeit gekommen, an diesem wild herumzubasteln wie an einem unzulänglichen Werkstück. Froh und voller Energie soll die Storyline vorangetrieben, der Plot entwickelt, die Geschichte entwickelt werden – und nicht wie ein Pfennigfuchser an Szenarien und Formulierungen herumgebastelt werden.
Es ist also heute alles gut gegangen, viel besser als erwartet. Schöne Ideen wurden umgesetzt. Der Text klingt interessant und ist nicht voller abgedroschener Phrasen. Eine Menge Wörter jedenfalls, gutes Material für spätere Korrekturen!
Zufrieden bin ich auch mit meinem Schreibhintergrund. Ich verwende Logseq und oftmals, mittendrin im Schreibfluss, halte ich inne und bastle an dem für mich geeigneten Strukturen. Ein kleiner Index aus Personen, Orten und Begriffen da, ein Verzeichnis dort, der Zugang zu alten Recherchen durch Mark Ups wiederum an anderer Stelle. Ich denke, dass ich Ende November mit einer schönen Logseq – Lösung aufwarten kann. Softwarestruktur geboren im Prozess des Schreibens. Vorschläge für entspanntes Schreiben eben!
Und weil es heute ja so energetisch zugeht, denke ich, dass ich am Abend die Gelegenheit ergreifen werde, freiwillig noch mehr an Allaine zu schreiben: weit über mein Pensum hinaus!
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