016 Fast ein Heimatgedicht: Ruth Blum
Das Gedicht fand ich in der Nähe der Burg Radegg, auf einer Tafel des Schaffhausner Dichterpfads, mit der Bezeichnung Südranden 8. Es ist wohl ein wenig altmodisch, aber ich mag seinen Charme.
Ruth Blum Akelei oder Narrenkappe Aquilegia vulgaris
Mit dunklem Blick und schlecht rasiertem Kinn, den schüttern Haarschopf mangelhaft gebürstet, durchstreift den weiten Wald der Musensohn, der nach dem Bild der blauen Blume dürstet.
Schmalbrüstig keucht er über Stock und Stein, sein kurzer Dichteratem geht asthmatisch. Ein grosses Wildschwein nimmt entsetzt Reissaus; Der Ungekämmte ist ihm nicht sympathisch.
Zur Burgruine klettert er empor. Sieh da, was blüht auf dem vergrasten Söller? “Die blaue Blume der Romantik ists!” ruft er verzückt und steckt sie an das Göller.
Heimwandelnd trifft er einen Lehrer an, der zieht den “Binz” aus seiner alten Mappe. “Mein Lieber”, lacht er, “was dein Knopfloch zieht, heisst Aquilegia oder Narrenkappe!”